Mein Cousin hat eine kleine Schafherde. Sein Hobby ist Hirte sein. Oft besuche ich im Urlaub seine Schafe. Denn wir wohnen im selben Dorf. Manchmal bringe ich ihnen etwas zum Essen mit. Und so haben sie sich auch an mich gewöhnt. Aber bei meinem ersten Besuch war mein Cousin auch dabei. Und das war für die kleine Herde eine sehr vertrauensbildende Maßnahme. Mich beeindrucken da zwei Dinge. Zum ersten, dass sie mich nur an meiner Stimme erkennen. Und erst, wenn ich spreche, legen sie ihr scheues Verhalten ab. Und zweitens, dass sie so extrem kurzsichtig sind, dass sie die mitgebrachte Nahrung oft nicht erkennen, sondern auch hier auf meinen Zuruf angewiesen sind. Ich denke, dass ein Schaf, das schwerhörig wäre, es schon ganz schön schwer hätte.
Der Hirte und die Schafe, das ist auch ein Bild für Christus und die Seinen. Und ich denke, dass dieses Bild nicht zufällig gewählt wurde, als Jesus sich als den guten Hirten bezeichnete. Er griff damit auf die Tradition seines Volkes Israel zurück, das sich als Herde Gottes begriff. Und zwar als Volk im ganzen, aber auch im Einzelfall. Wie zum Beispiel David im 23. Psalm. Die Richtigkeit und Wichtigkeit dieses Bildes ergibt sich aber auch durch das, was ein Schaf oder eine Herde ausmacht. Es ist die vollständige Angewiesenheit auf seinen Hirten. Auf seine Führung. Auf seine Stimme. Die Schafe erkennen den Hirten nicht an seinem Äußeren, sondern an seiner Stimme. Und durch seine Weitsicht kann er viel besser auf die Schafe Acht geben, als sie es jemals selber könnten.
Glauben kommt vom Hören. Das ist ja auch eine biblische Gewissheit. Und nirgends sehe ich das besser als bei der Herde meines Cousins, als mir Schafe in „echt“ zum ersten Mal begegnet sind.
So ist es für mich ein sehr eindringliches und eindrückliches Bild. Nur durch das Hören können die Schafe leben. Und der Hirte hat einen unendlich größeren Weitblick und Durchblick. Auch wenn ich auch manchmal meine zu wissen, was für mich gut, wichtig und richtig ist, trotzdem gilt es: Der gute Hirt weiß es besser. Er sieht Dinge und weiß um sie, von denen ich nicht einmal eine Ahnung habe, dass sie überhaupt existieren.
Kurzum: Auf das Hinhören kommt es an.
Immer wenn ich bete, habe ich dermaßen viel auf dem Herzen. Ich muss da Jesus so viel erzählen. Und er hält es sicher mit Geduld, Liebe und Demut aus. So ist halt unser guter Hirte. Aber wahrscheinlich ist das Schweigen und Hinhören wichtiger. Das lehren mich jedenfalls die Schafe meines Cousins. So bemühe ich mich, wenigstens jeden Tag eine gewisse Zeit auf das „Blöcken“ zu verzichten, damit der gute Hirte auch einmal zu Wort kommt. Und sage mit dem jungen Samuel: „Rede Herr, Dein Diener hört“
Es grüßt Euch
Euer Hörer Ludwig F. Mattes